Grundsätze - Pro Silva
Allgemeine Grundsätze:
Waldwirtschaft nach den Grundsätzen von PRO SILVA ist eine Strategie, welche die Erhaltung, den Schutz und die Bewirtschaftung der Waldökosysteme so optimiert, dass die Wälder Europas ihre zahlreichen sozio-ökonomischen Leistungen dauerhaft und rentabel erfüllen können. Damit bekennt sich PRO SILVA zu einer ganzheitlichen Betrachtung und Steuerung des Waldökosystems unter Einschluss wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Zielsetzungen.
Im Sinne einer alle Funktionen umfassenden Nachhaltigkeit ist PRO SILVA der Auffassung, dass die Wälder Europas vier Hauptfunktionen erfüllen:
Im Sinne einer alle Funktionen umfassenden Nachhaltigkeit ist PRO SILVA der Auffassung, dass die Wälder Europas vier Hauptfunktionen erfüllen:
- die Naturfunktion;
- die Schutzfunktion;
- die Produktionsfunktion;
- die Kulturfunktion.
1. Naturfunktion (Funktionsfähigkeit des Waldökosystems)
Die Gewährleistung der Naturfunktion ist unverzichtbare Voraussetzung für die Schutz-, Produktions- und Kulturfunktion der Wälder. Wie immer die menschliche Gesellschaft Zweckbestimmungen des Walds definiert: Die Existenzfähigkeit und das Zusammenwirken aller Lebensformen im Ökosystem Wald sind Grundlage aller folgenden Funktionen. Die Erhaltung und ggf. Wiederherstellung der Naturfunktion ist daher vorrangiges Gebot.
Elemente der Funktionsfähigkeit von Waldökosystemen sind:
Elemente der Funktionsfähigkeit von Waldökosystemen sind:
- Die standorts- und regionaltypische Vielfalt von Pflanzen und Tieren (Artdiversität);
- Die genetische Vielfalt und Qualität, welche die Potenz zu evolutiver genetischer Veränderung erhält und - mit der spezifischen Diversität der PRO SILVA Wälder – die relative beste Anpassung an mögliche nachteilige Folgen von Klimaänderungen garantiert;
- Die standorts- und regionaltypischen, variablen Waldstrukturen (Strukturdiversität);
- Die Funktionsfähigkeit ökologischer Prozesse (natürliche bzw. naturnahe Walddynamik);
- Die ökologischen Zwischenbeziehungen (Vernetzung);
- Die ökologischen Rückwirkungen des Walds auf die Umwelt (Weltklima, Regional- und Lokalklima, Rückwirkungen auf die umgebenden Landschaftsteile);
- Die Erhaltung der natürlichen Fruchtbarkeit der Böden dank Zersetzung der abgestorbenen Biomasse.
Wesentliche Mittel zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit von Waldökosystemen, empfohlen von PRO SILVA:
- Starke Berücksichtigung, d. h. Erhaltung oder Wiederherstellung der jeweiligen natürlichen klima- und bodenabhängigen Waldvegetationsmuster bei der Waldbewirtschaftung;
- Erhaltung der Bodenproduktivität durch dauerhafte Überschirmung und Belassen von Biomasse im Wald (Alt- und Totholz);
- Gezielte Förderung von Mischbaumarten im bewirtschafteten Wald unter besonderer Berücksichtigung seltener und gefährdeter Baumarten;
- Bei der Bewirtschaftung des Walds Verwendung ökologisch geeigneter, nicht standortsheimischer Baumarten nur dann, wenn sie sich in heimische Vegetationsmuster einbetten (mischen) lassen und wenn bestimmte quantitative Anteile insgesamt nicht überschritten werden;
- In bestimmten Fällen Nutzungsverzicht.
Die genannten Elemente der Funktionsfähigkeit von Waldökosystemen stehen in Übereinstimmung mit den Aussagen zur Biodiversität der Konferenz von Rio 1992.
Die Schutz-, Produktions- und Kulturfunktion der Wälder ordnen sich ein in die Naturfunktion. Sie sind - jede für sich - bedeutsam für die menschliche Gesellschaft.
Die Schutz-, Produktions- und Kulturfunktion der Wälder ordnen sich ein in die Naturfunktion. Sie sind - jede für sich - bedeutsam für die menschliche Gesellschaft.
2. Schutzfunktion
Die wesentlichen Elemente der Schutzfunktion sind:
- Schutz oder Wiederherstellung der natürlichen Bodenkraft und
Bodenstrukturen (Bodenschutz); - Schutz natürlicher Waldgesellschaften (Biotopschutz);
- Schutz standortstypischer und seltener (bedrohter) Arten (Artenschutz);
- Schutz vor Bodenabtrag (Erosionsschutz);
- Schutz und Reinigung des Bodenwassers (Wasserschutz);
- Schutz bzw. Verbesserung des Waldklimas und seiner Wirkungen auf umgebende Landschaften (lokaler und regionaler Klimaschutz);
- Erhaltung oder Verbesserung der Kohlenstoffspeicherung (Weltklimaschutz);
Der PRO SILVA Wald erbringt proportional höhere Anteile an Starkholz hoher Qualität. Dessen Weiterverarbeitung zu langlebigen Holzprodukten für Dachstühle, Innenausbau, Fussböden, Möbel etc. ermöglicht, den Kohlenstoffkreislauf erheblich zu verlängern wie auch durch Substitution energielastiger anderer Bauprodukte Energie einzusparen. - Darüber hinaus führt die dauerhafte Überschirmung des Bodens zu ausgewogener Mineralisierung der Humusstoffe und damit zu vermindertem Ausstoβ von CO2;
- Schutz bzw. Verbesserung der Luftqualität (Emissionsschutz);
- Schutz vor übermäßiger Lärmbelästigung (Lärmschutz);
- Ausgleich optisch störender Eingriffe in die Landschaft (Sichtschutz).
Die meisten Elemente der Schutzfunktion sind gleichzeitig integraler Bestandteil der Naturfunktion der Waldökosysteme und können nicht losgelöst von dieser betrachtet und verwirklicht werden.
Wesentliche Mittel zur Gewährleistung der Schutzfunktion von PRO SILVA empfohlen:
- Berücksichtigung der verschiedenen Elemente der Schutzfunktion bei der ganzheitlichen Waldbewirtschaftung durch dauerhafte Waldbedeckung;
- Betonung bestimmter Naturschutzfunktionen (Bodenschutz, Biotopschutz, Artenschutz) durch bestimmte Nutzungsvorgaben bzw. Nutzungsbeschränkungen in der ordnungsgemäβen Bewirtschaftung (z. B. Verzicht auf Anbau nicht standortsheimischer Baumarten, Verzicht auf Düngung, Vorschriften für die Hiebsführung, Bodenentwässerung u. a. m.);
- Die Ausweisung eines Netzes von Waldschutzgebieten verschiedener Bindungswirkung bis hin zu Reservaten mit Nutzungsverzicht, bezogen auf größere Wuchsräume;
- Betonung besonderer einzelner Schutzfunktionen (Erosionsschutz, Wasserschutz, Klimaschutz, Emissionsschutz, Lärmschutz, Sichtschutz) durch bestimmte, dem Schutzzweck dienende Strategien der Waldbewirtschaftung.
3. Produktionsfunktion
PRO SILVA betrachtet die nachhaltige Funktionsfähigkeit der Waldökosysteme (Naturfunktion) auch als Grundlage und Voraussetzung der ökonomischen Nachhaltigkeit im Wirtschaftswald. Gleichzeitig ist im Sinne einer umfassend definierten Nachhaltigkeit eine gleichmäβige und optimale Produktionsfunktion nur möglich, wenn auch die Erfüllung der Schutzfunktion gewährleistet bleibt. Das schlieβt Produktionsstrategien aus, welche die Schutzfunktion unberücksichtigt lassen.
PRO SILVA bekennt sich zur Bewirtschaftung des Walds und zur Nutzung des nach- wachsenden Rohstoffes Holz.
PRO SILVA bekennt sich zur Bewirtschaftung des Walds und zur Nutzung des nach- wachsenden Rohstoffes Holz.
Bei Beachtung der allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsätze sind wesentliche Elemente der Produktionsfunktion:
- Erhaltung der Bodenkraft;
- Sicherung der Kontinuität der Waldnatur und der Holzproduktion;
- Erhaltung der natürlichen Energie- und Stoffkreisläufe.
Als Mittel eines naturnahen Waldbaus empfiehlt PRO SILVA:
- Dauerhafte Waldbedeckung zum Schutz der Bodenproduktivität;
- Weitgehende Ausnutzung originärer walddynamischer Prozesse;
- Wertholzproduktion durch Auslese und Pflege in allen Entwicklungsphasen des Walds;
- Vorratshaltung auf optimalem Niveau;
- Streben nach Gleichgewicht von Zuwachs und Nutzung auf möglichst kleinen Flächen;
- Verringerung des Produktions- und Ertragsrisikos durch Verselbständigung
von Einzelstämmen und Baumgruppen; - Beachtung der Funktion jedes Einzelbaumes bei der Waldpflege und Ernte;
- Vermeidung von Kahlschlägen und sonstigen aussetzenden Nutzungsformen;
- Abschaffung des Begriffs der Umtriebszeit als Maß für den Erntezeitpunkt von Beständen;
- Vorrang der Waldpflege vor der Waldverjüngung;
- Ständige Walderneuerung als integraler Bestandteil der Waldpflege und aus dieser hervorgehend;
- Selbsttätige Walderneuerung und Bestandesentwicklung durch moderate einzelstamm- oder gruppenweise Nutzung mit langen Verjüngungszeiträumen:
- Erziehung von Naturverjüngung,
- Ausnutzung natürlicher Stammzahlreduktionen bei der Waldpflege (Läuterung und Durchforstung durch sogenannte Naturautomation oder Biorationalisierung);
- Bevorzugung schonender Erntemethoden zur Vermeidung von Schäden an Boden und Bestand;
- Schonender Maschineneinsatz in Anpassung an die Waldstrukturen des naturnahen Waldbaus;
- Minimierung des Einsatzes ökosystemfremder Stoffe (Dünger und Pflanzenschutzmittel), im wesentlichen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der natürlichen Boden- und Bestandesproduktivität;
- Herstellung biotopangepasster Wilddichten.
Pro SILVA ist überzeugt, dass eine Betriebsführung mit den vorgenannten Mitteln zu optimierten wirtschaftlichen Ergebnissen führt, weil
- der höhere Anteil an Starkholz guter Qualität im Vergleich zu anderen Wirtschaftsformen sowie der deutlich kleinere Anteil an nutzungstechnisch teurem Schwachholz spürbar erhöhte durchschnittliche Erlöse aus dem Holzverkauf liefert;
- generelle Naturverjüngung (gute Qualität des Mutterbestandes vorausgesetzt) sowie Differenzierung und Qualifizierung des Nachwuchses unter dem Schirm der Altgeneration und der Einfluss des günstigen Waldinnenklimas Pflegeeingriffe vermindern;
- Mischung, Struktur und gute Bekronung die Stabilität erhöhen, was Sturmschäden und deren Folgen (Reparaturkosten, Überangebot, Preisverfall) vermindert und damit den Bedürfnissen der Eigentümer entgegenkommt;
- die ausgezeichnete Resilienz eine natürliche Wiederherstellung ohne kostspielige Maβnahmen erlaubt.
Die Konsequenzen dieser günstigen Faktorenkonstellation erhöhen die finanzielle Rentabilität pro Flächeneinheit und Zeiteinheit.
4. Kulturfunktion
PRO SILVA erkennt die wachsende Bedeutung des Walds für das physische und psychische Wohlbefinden der Menschen, insbesondere in dicht besiedelten Ländern Europas, an.
Wesentliche Elemente der Kulturfunktion des Walds sind:
- Eignung des Walds für ruhige, naturverträgliche Formen der physischen und psychischen Erholung der Menschen;
- Eignung des Walds als Bestandteil der traditionellen psychologischen Verbundenheit des Menschen mit dem Wald und der Natur (Wald der Geheimnisse, der
Sagen und Märchen; geschichtliche Verbundenheit mit dem Wald); - Eignung des Walds zur Bewahrung eines Teils der kulturellen Tradition (Wald als Gegenstand der Kunst: Malerei, Dichtung, Musik).
PRO SILVA empfiehlt folgende Mittel zur Gestaltung des Walds für die Kulturfunktion:
- Bevorzugte Förderung ruhiger Formen der Erholung durch ein entsprechendes Angebot an Wanderwegen und anderen Erholungseinrichtungen;
- Soweit nötig, Konzentration von Erholungsangeboten und Einrichtungen in bestimmten Waldteilen;
- Ruhigstellung von Waldbereichen als Raum für sinnliche Erfahrungen (Raum zur Besinnung, zum Nachdenken, Träumen, zum Einfühlen in die Natur);
- Förderung schöner Baumgestalten und anderer optischer Reize für das menschliche Auge (farbliche Abwechslung von Blättern, Blüten und Früchten bei
Bäumen, Sträuchern, Kräutern usw.); - Erhaltung und Schaffung schöner Waldbilder durch abwechslungsreiche Waldstrukturen;
- Erhaltung unberührter Waldflächen, wo der Mensch der Natur ihren Lauf lässt;
- Erhaltung von einzelnen Bäumen und Baumkollektiven mit besonderen Merkmalen (Habitus, Höhe, Durchmesser, Alter)
- Erhaltung von Waldwiesen, schönen Waldtälern, Felspartien, Wasserflächen, Ausblicken usw.
PRO SILVA ist der Auffassung, dass die Kulturfunktion in der Regel durch einen naturnahen Waldbau gleichzeitig miterfüllt wird und nur in besonderen Fällen zusätzlicher Gestaltungsmaβnahmen bedarf.
Die Berücksichtigung der Kulturfunktion in der Waldbewirtschaftung kann eine Hilfe sein, um ein Gegengewicht zu den Lebensbedingungen des modernen Menschen in einer zunehmend urban und technisch geprägten Zivilisation zu schaffen.
Die Berücksichtigung der Kulturfunktion in der Waldbewirtschaftung kann eine Hilfe sein, um ein Gegengewicht zu den Lebensbedingungen des modernen Menschen in einer zunehmend urban und technisch geprägten Zivilisation zu schaffen.